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“Das Vervielfältigen vom Individualisieren trennen”

“Das Vervielfältigen vom Individualisieren trennen”

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18553

Interview mit Martin Seematter, dem Leiter der Mengis Druck AG, in Visp, im Schweizer Kanton Wallis, Dienstag, 10. Februar 2015. Verlag und Druckerei “Mengis Druck AG” aus Visp im Schweizer Kanton Wallis geben den Walliser Boten heraus. Das Unternehmen plant nun, die alternde Zeitungsdruckmaschine, eine Wifag OF7, die schon seit 32 Jahren ihren Dienst tut, durch eine Inkjet-Digitaldruckmaschine zu ersetzen. Hauptsächlich wirtschaftliche Gründe haben zu dieser Entscheidung geführt, wie Martin Seematter, Leiter Mengis Druck, in einem Gespräch mit WAN-IFRA erläutert.

Martin Seematter, Leiter Mengis Druck

Welche Zeitungstitel drucken Sie in Ihrem Unternehmen und um welches Format und welche Auflagen handelt es sich?

In unserer Druckerei drucken wir als einzigen Zeitungstitel den “Walliser Boten” auf unserer Coldset-Maschine. Der Walliser Bote ist eine Tageszeitung mit sechs Ausgaben pro Woche. Sie erscheint im Broadsheet-Format von 320 x 470 mm und in einer täglichen Auflage von 22.000 Exemplaren.

Welche Gründe waren für Sie als Verlags- und Druckerei-Gruppe für die Entscheidung maßgebend, den Rollenoffset durch Inkjet zu ersetzen?

Zunächst einmal mussten wir über eine Ersatzinvestition entscheiden, um die schon recht betagte jetzige Wifag/Ferag Installation abzulösen. Unsere Zeitungsdruckmaschine ist immerhin schon mehr als 30 Jahre alt. Zweitens wollten wir eine Zukunfts-Investition vornehmen, die neue Akzente im Akzidenz-Geschäft setzen kann. Dadurch sollte eine erhöhte Eigenständigkeit für den Verlag erreicht werden.

Für welche Druckproduktionen außerhalb des Zeitungsdrucks wollen Sie die neue Inkjet-Anlage einsetzten? Müssen Sie hierfür gesonderte Investitionen vornehmen, um beispielsweise Bücherproduktion zu ermöglichen?

Wir haben ganz bewusst von Anfang an die Maschinenkonfiguration bereits soweit ausgerüstet, um Produkte mit maximal 96 Seiten Umfang drucken, falzen und heften zu können. Außerdem wird unser Produktionssystem in der Lage sein, diverse Buchblöcke zu drucken und punktuell zu leimen.

Die Auflage des Walliser Boten ist mit 22.000 nicht gerade das, was man gemeinhin für den Inkjet-Rollendruck als wirtschaftlich erachtet. Bisher ging man eher von einer Grenzauflage von 5.000 Exemplaren aus. Wie sehen Sie die Sache?

Die variablen Kosten sind beim Rollen-Inkjetdruck nach wie vor höher als beim Offsetverfahren. Man sollte das Vervielfältigen unbedingt von dem Individualisieren trennen. Für uns war es wichtig, ein zukunftsträchtiges Betriebsmittel anzuschaffen, um die angedachten Möglichkeiten zu realisieren. Natürlich haben wir gerechnet, bevor wir uns für diese Investition entschieden haben. Und die Rechnung geht für uns auf, wenn man die veranschlagte Gesamtproduktion des neuen Systems betrachtet und nicht nur die Zeitungsproduktion isoliert ansieht.

Erwarten Sie vom Inkjet-Zeitungsdruck Vorteile im Bezug auf den Redaktionsschluss? Oder muss gar der Redaktionsschluss vorgezogen werden, weil der Digitaldruck nicht die Geschwindigkeit des Rollenoffsets erreicht?

Wir konnten in unseren Planungen des neuen Produktionssystems den jetzigen Redaktionsschluss der Tageszeitung beibehalten, mussten jedoch bei der Frühverteilung einige Anpassungen und Umstrukturierungen vornehmen. Im Großen und Ganzen wird sich also beim Zeitplan der Zeitung nichts ändern müssen.

Einer der spezifischen Vorteile des Digitaldrucks ist die Möglichkeit der Personalisierung oder der Wechsel von Inhalten ohne Maschinenstopp. Planen Sie, von diesen Vorteilen im Zeitungsdruck Gebrauch zu machen?

Wie bereist erwähnt, möchten wir in Zukunft einige Möglichkeiten der Individualisierung umsetzten. Dies ist aber erst in einem zweiten Schritt angedacht. Priorität hat sicherlich erst einmal die Sicherstellung der kontinuierlichen Ausgabe der Zeitung ohne grössere Störungen.

Welches Papier wollen Sie für den digitalen Zeitungsdruck einsetzen? Werden Sie aufgebesserte Papiere oder Zeitungsdruckpapiere mit höherem Flächengewicht verwenden, um das Durchschlagen zu minimieren?

Zurzeit sind wir am Testen, um zu entscheiden, welches Papier wir schlussendlich verwenden werden. Wir haben derzeit drei Papiersorten im Test. Mit Sicherheit werden wir für den Inkjetdruck ein Zeitungsdruckpapier mit einem höheren Flächengewicht als heute verwenden. Bei einem aufgebesserten Papier können wir eventuell auch auf den Primer verzichten. Der Primer ist eine Art fünfte Farbe, die vor dem Druck von Cyan, Magenta, Yellow und Black aufgebracht werden kann, um das Wegschlagen der Druckfarben zu reduzieren und damit ein insgesamt größeren Farbraum drucken zu können. Unsere Tests sollten bis Ende Februar 2015 abgeschlossen sein.

Welcher Kostenanteil an der Produktion wird voraussichtlich auf die Inkjet-Farbe entfallen?

Die Druckfarben und der Primer zusammen werden nach unseren Berechnungen etwa 46% der Gesamtproduktionskosten ausmachen.

Wie beurteilen Sie die im Zeitungs-Inkjet erreichbare Farbdruckqualität im Vergleich zum Coldset-Offset?

Da ist sicher noch viel Potential. Die Entwicklung ist jedoch gewaltig. Bei der Erreichung von hoher Druckqualität spielt immer die Kombination von Druckprozess, Farbe und Bedruckstoff eine Rolle. Wird schlechtes Papier mit schlechter Oberfläche eingesetzt, wird die Qualität im Inkjet sicher immer schlecht sein.

Sehen Sie das Ende der konventionellen Spezial-Zeitungsdruckmaschinen für gekommen, die für nicht viel mehr als die Zeitungsproduktion eingesetzt werden können?

Nein, man sollte den Digitaldruck als Ergänzung zum Offsetdruck sehen. Bei Zeitungstiteln mit grossen Auflagen werden sicher auch in mittelfristiger Zukunft die variablen Kosten bei konventionellen Zeitungsdruckmaschinen immer noch günstiger sein. Digitaldruck sollte bei der Individualisierung und Personalisierung zum Zuge kommen.

Herr Seematter, vielen Dank für dieses Gespräch!

Author

Manfred Werfel's picture

Manfred Werfel

Date

2015-02-11 10:27

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